Blitzscheidung / Härtefallscheidung
Unter bestimmten Voraussetzungen ist es möglich, dass eine Ehe ohne die Einhaltung des erforderlichen Trennungsjahres geschieden wird. Eine Blitzscheidung bzw. Härtefallscheidung stellt eine Ausnahme dar und kommt nur in wenigen Fällen in Betracht.
Zweck des Trennungsjahres
Wer sich in Deutschland scheiden lassen will, muss zunächst eine Trennungszeit von mindestens einem Jahr einhalten. Will sich nur ein Ehepartner scheiden lassen und der andere widerspricht der Trennung, verlängert sich die Trennungszeit sogar auf drei Jahre.
Nach deutschem Recht wird eine Ehe dann geschieden, wenn sie gescheitert ist und als gescheitert wird eine Ehe angesehen, wenn die eheliche Gemeinschaft nicht mehr besteht und es nicht zu erwarten ist, dass sie wiederhergestellt wird.
Das Trennungsjahr dient im Wesentlichen dazu, dass die Eheleute während dieser Zeit getrennt leben und sich darüber klar werden, ob eine Scheidung der Ehe wirklich das Richtige ist. So wird vermieden, dass im Affekt und aus vorübergehenden Krisen heraus Scheidungen eingereicht werden, die später zurückgezogen werden.
Sind beide Ehepartner nach Ablauf des Trennungsjahrs darüber einig, sich scheiden lassen zu wollen, gilt die Ehe als gescheitert und die Scheidung kann eingereicht werden.
Zur Feststellung des Datums der Trennung und damit des Beginns der Trennungszeit reicht dem Familiengericht übrigens die übereinstimmende Aussage der beiden Eheleute, es werden üblicherweise keine weitergehenden Nachforschungen seitens des Gerichts betrieben. Widerspricht einer der beiden Ehepartner nach dem Trennungsjahr noch immer der Scheidung, wird die Trennungszeit auf bis zu drei Jahre verlängert, bevor die Ehe auch ohne Zustimmung des Partners geschieden werden kann.
Immer öfter jedoch möchte zumindest eine Partei lieber auf das Trennungsjahr verzichten, eine Blitzscheidung möchten und die Scheidung durch eine Härtefallscheidung so schnell wie möglich hinter sich bringen.
Das ist jedoch nicht so einfach, denn das Gesetz sieht für eine Blitzscheidung bzw. Härtefallscheidung nur wenige Ausnahmefälle vor, in denen das Trennungsjahr nicht eingehalten werden muss.
Tipp
Auch wenn den Gerichten üblicherweise die Aussagen der Ehepartner hinsichtlich des Beginns des Trennungsjahres genügen, so kann es nicht schaden, wenn der trennungswillige Partner sich den Zeitpunkt der Trennung und den Beginn der räumlichen Trennung schriftlich bestätigen lässt. Vor allem wenn es keine einvernehmliche Trennung ist und Streit und Unstimmigkeiten zwischen den Ex-Partnern zu erwarten sind, kann es nicht schaden, hinsichtlich des Trennungszeitpunktes etwas Schriftliches in der Hand zu haben. Weigert sich der Partner, ein solches Schriftstück zu unterzeichnen, kann die Trennung auch in Gegenwart von Zeugen nochmals deutlich ausgesprochen werden.
Verzicht auf das Trennungsjahr für eine Blitzscheidung
Keine Regel ohne Ausnahmen und in einigen Fällen kann eine Ehe geschieden werden, ohne dass das Trennungsjahr eingehalten werden muss. Es kann eine sogenannte Härtefallscheidung durchgeführt werden.
Einfach ist das jedoch nicht und der Gesetzgeber hat recht hohe Bedingungen an eine solche Blitzscheidung daran geknüpft, unter welchen Umständen eine Ehe auch ohne Trennungszeit geschieden und eine Härtefallscheidung werden kann.
Möglich ist eine Blitzscheidung bzw. Härtefallscheidung immer dann, wenn eine sogenannte unzumutbare Härte vorliegt, die einem der beiden Ehepartner nicht länger zuzumuten ist. Die Gründe für diese unzumutbare Härte müssen in der Person des anderen Partners liegen und es ist nicht ausreichend, wenn die Situation nur subjektiv als unzumutbar empfunden wird.
Das Gericht muss für eine Härtefallscheidung vielmehr objektiv feststellen, dass es sich wirklich um eine unzumutbare Härte handelt und dass die Weiterführung der Ehe für einen der beiden Partner unzumutbar ist.
Hier liegt auch schon das Problem bei der sogenannten Härtefallscheidung: Was von dem Betroffenen subjektiv als unzumutbare Härte empfunden wird, wird vom Gericht nicht automatisch objektiv auch als unzumutbar bewertet.
Bloßes Fremdgehen, ständige Eifersuchtsszenen, Beleidigungen und selbst körperliche Gewalt, wenn es bei einem Einzelfall bleibt, werden vom Gericht eher nicht als eine unzumutbare Härte eingestuft, die es erforderlich macht, die Ehe auf der Stelle zu beenden.
Hinzu kommt, dass derjenige Partner, der die Blitzscheidung beantragt, vor Gericht die Umstände vortragen muss, die seiner Meinung nach zu der unzumutbaren Situation führen. Diese Umstände müssen wiederum in der Person des anderen Partners begründet sein und im Klartext bedeutet das, dass vor Gericht jede Menge schmutzige Wäsche gewaschen werden muss, was alles andere als eine erfreuliche Situation für alle Beteiligten ist.
So sehr bei einem Partner also auch der Wunsch nach einer Blitzscheidung bzw. Härtefallscheidung vorhanden sein mag, sollte man nach Möglichkeit auch andere Alternativen wie beispielsweise das Vermeiden jeglichen Kontakts in Betracht ziehen und versuchen, die Trennungszeit damit herum zu bekommen.
Tipp
Anstatt einen Antrag auf Härtefallscheidung zu stellen, ist es in vielen Fällen sinnvoller, jeglichen Kontakt zum Ex-Partner einzustellen. Dazu gehört neben dem persönlichen Kontakt auch jeglicher Kontakt über das Internet und soziale Netzwerke. So bekommt man nicht mit, was der ex-Partner treibt und kann sich dadurch nicht verletzt fühlen.
Unzumutbare Härte
Will der Partner sich trennen oder ist die Ehe aus anderen Gründen gescheitert, herrscht oft eine große Wut und Enttäuschung, vor allem bei demjenigen Partner, der verlassen oder betrogen wurde. Da übernachtet der eigentlich noch geliebte Partner regelmäßig bei der neuen Freundin, die eigene Ehefrau fährt auf einmal mit dem Auto ihres neuen Liebhabers vor, im Streit fallen wirklich böse Worte und einem der Partner rutscht die Hand aus oder der Partner erfährt, dass der Ex-Partner und seine neue Freundin ein gemeinsames Kind erwarten.
Diese Situationen sind schmerzhaft und kaum auszuhalten und die Partner möchten die Ehe einfach nur noch so schnell wie möglich beenden und nicht noch monatelang mit dem Ex-Partner verheiratet sein. In anderen Fällen, in denen häusliche Gewalt an der Tagesordnung ist oder in denen der Partner ein Drogen- oder Alkoholproblem hat oder man massiv bedroht wird, ist die Situation nicht nur unerträglich, sondern auch gefährlich.
Aber was zählt nun wirklich als Härtefall und ist für eine Blitzscheidung bzw. Härtefallscheidung ausreichend?
Ein einfacher Ehebruch oder auch einige Seitensprünge reichen für eine Härtefallscheidung nicht aus, egal wie kränkend und schmerzhaft die Situation empfunden wird.
Auch eine einmalige körperliche Misshandlung, die als Ausrutscher und Affekthandlung gewertet werden kann und unter gewissen Umständen sogar eine Vergewaltigung in der Ehe werden vom Gericht oft nicht als Grund für eine Härtefallscheidung anerkannt.
Gerechtfertigt ist eine Blitzscheidung bzw. Härtefallscheidung üblicherweise in den folgenden Fällen:- Wiederholte häusliche Gewalt, die sich gegen den Antragssteller und/oder die Kinder richtet
- Eine andauernde Alkohol- oder Drogensucht des Partners, die ohne Aussicht auf Besserung besteht, da sich der Partner einem Alkohol- oder Drogenentzug und einer Therapie verweigert
- Morddrohungen, andere Bedrohungen und schwere Beleidigungen
- Erniedrigungen durch den Ehepartner
- Suizidversuch des Ehepartners
- Aufnahme der Prostitution durch den Ehepartner
- Zeugung eines Kindes mit der/dem neuen Partner/in
- Eheschließung nur zum Zweck einer Aufenthaltsgenehmigung
- Sexuelle Abartigkeiten
- Schwere Nerven- und Geisteskrankheiten des Partners, die dem Antragssteller zum Zeitpunkt der Eheschließung nicht bekannt waren
- Straftaten des Ehepartners zum Nachteil des Antragsstellers oder seinen nahen Verwandten
In diesen Fällen wird das Gericht dem Antrag auf eine Härtefallscheidung in aller Regel zustimmen und es muss kein Trennungsjahr eingehalten werden.
In anderen Fällen ist die Rechtsprechung uneinig und die Gerichte erkennen die Blitzscheidung teilweise an und teilweise nicht:
- Aufnahme einer homosexuellen Beziehung
- Ehebruch der sich über mehr als drei Monate hinzieht und zumindest zeitweise in der gemeinsamen ehelichen Wohnung stattfindet
- Fortdauernde Verweigerung von Unterhaltszahlungen für den Ehepartner und/oder gemeinsame Kinder
Einige Familienrichter erkennen die oben genannten Gründe an, andere nicht, zusätzlich kommt es auch immer auf den Einzelfall und die Begleitumstände an.
Keine ausreichenden Gründe für eine Härtefallscheidung sind:
- Eine schlampige und unordentliche Haushaltsführung
- Einfacher Ehebruch
- Wiederholte, auch unbegründete Eifersuchtsszenen
- Einmalige Körperverletzung im Affekt
- Schnelles Beenden der Ehe, um eine neue Ehe eingehen zu können
In diesen Fällen werden die Gerichte dem Antrag auf Blitzscheidung bzw. Härtefallscheidung nicht stattgeben und das Trennungsjahr muss eingehalten werden.
Tipp
Ehe ein Antrag auf eine Blitzscheidung bzw. Härtefallscheidung gestellt wird, sollten Sie sich darüber im Klaren sein, dass die Gründe dafür vor Gericht dargelegt und dass diese beweisbar sein müssen. Das resultiert oft in einer langwierigen Beweisaufnahme, in der sehr viele persönliche Details ans Licht kommen können. Sie sollten sich also vorher der Antragsstellung ausführlich von einem Rechtsanwalt beraten lassen, ob ein Antrag auf eine Blitzscheidung bzw. Härtefallscheidung wirklich sinnvoll und erfolgsversprechend ist.
Kein Trennungsjahr wegen ausländischem Recht
Hat mindestens einer der Ehegatten eine andere als die deutsche Nationalität oder ist einer der Ehepartner im Ausland wohnhaft, kommt unter Umständen auch eine Scheidung nach ausländischem Recht in Frage. Nicht in allen, aber in einigen Fällen haben die Ehepartner bei einer solchen Konstellation ein Wahlrecht zwischen einer Scheidung nach deutschem oder ausländischem Recht und je nachdem, welches Recht zum Tragen kommt, kann es sein, dass keine Trennungszeit vor der Scheidung vorgesehen ist.
Jedoch ist eine Scheidung nach ausländischem Recht nicht immer sinnvoll oder empfehlenswert. Denn auch wenn nach dem ausländischen Recht die Trennungszeit wegfällt, können die Gesetze in anderen Bereichen schwerwiegende Nachteile mit sich bringen. Hier sollten Sie auf jeden Fall gründlich abwägen und nichts ohne eingehende anwaltliche Beratung entscheiden.
Tipp
Steht eine Scheidung nach ausländischem Recht zur Debatte, sollten Sie sich auf jeden Fall von einem Rechtsanwalt beraten lassen sollte, der über gute Kenntnisse in internationalem Familienrecht verfügt.
Unterschied zwischen einer Blitzscheidung und der Aufhebung einer Ehe
In sehr seltenen Fällen kann eine Ehe auch nachträglich aufgehoben statt geschieden werden. Bei der Aufhebung der Ehe entfällt die bei der Scheidung gesetzlich vorgeschriebene Trennungszeit, doch eine Ehe-Aufhebung ist nur in einigen wenigen Situationen rechtlich möglich.
Die Ehe kann beispielsweise aufgehoben werden, wenn sie unrechtmäßig geschlossen wurde, weil einer der Partner zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits verheiratet war oder nicht volljährig und kein Ausnahmefall ab dem 16. Lebensjahr vorlag. Ebenso sind das Bestehen eines Verwandtschaftsverhältnis in gerader Linie sowie ein Geschwisterverhälznis Aufhebungsgrund für eine Ehe. Weitere Gründe für die Aufhebung einer Ehe ist es, wenn sie aufgrund einer arglistigen Täuschung geschlossen wurde. Das ist beispielsweise der Fall, wenn einer der Ehegatten vorbestraft ist und dies seinem Partner vor der Hochzeit arglistig verschwiegen hat, wohlwissend, dass die Ehe sonst nicht zustande gekommen wäre. Ein Ehe wird auch dann aufgehoben, wenn sich ein Ehegatte im Zustand der Bewusslosigkeit oder vorübergehender geistiger Störung befand oder nicht wusste, dass es sich um eine Eheschließung handelte.
Weitere Gründe für die Aufhebung einer Ehe gibt es in Deutschland nicht, auch wenn sich unter anderem noch immer der Irrglaube hält, die Ehe müsse durch ehelichen Beischlaf vollzogen werden oder könne ansonsten annulliert werden.
Die Aufhebung der Ehe unterscheidet sich aber natürlich nicht in erster Linie durch die nicht vorgeschriebene Trennungszeit von der Scheidung.
Während man nach einer Scheidung den Familienstand „geschieden“ innehat und unter Umständen zu nachehelichem Ehegattenunterhalt verpflichtet ist, wird eine aufgehobene oder annullierte Ehe gehand habt, als hätte sie niemals existiert. Beide ehemaligen Partner der aufgehobenen Ehe gelten als ledig und unverheiratet und es bestehen keinerlei Unterhaltsansprüche. Aus diesem Grund darf die Aufhebung einer Ehe nicht mit einer Blitzscheidung bzw. Härtefallscheidung verwechselt oder in denselben Topf geworfen werden.
Wichtiges zur Blitzscheidung bzw. Härtefallscheidung
Einer Blitzscheidung bzw. Härtefallscheidung wird von den Gerichten nicht leichtfertig zugestimmt. Vielmehr müssen eng gesetzte Bedingungen erfüllt werden, um mit einem Antrag auf eine Härtefallscheidung Erfolg zu haben.
Dabei handelt es sich ausnahmslos um sehr persönliche und verletzende Vorfälle und Erlebnisse, die jedoch von dem Partner, der den Antrag auf die Härtefallscheidung stellt, vor Gericht vorgetragen werden müssen.
Anders als bei vielen anderen Dingen rund um die Scheidung wie beispielsweise den Beginn der Trennungszeit oder das Datum der Trennung nimmt das Gericht hier nicht automatisch die Schilderung des Antragsstellers für bare Münze, sondern es können sich sehr unangenehme und persönliche Situationen vor Gericht ergeben, bei denen Zeugen vernommen werden und eine akribische Beweisaufnahme durchgeführt werden muss. Nicht nur ist diese Situation vor allem für den Ehepartner, der sowieso schon stark unter der Ehe leidet, sehr belastend, unter Umständen kann sich das Verfahren bezüglich der Härtefallscheidung sogar länger hinziehen als die Trennungszeit, so dass sich die Scheidung eher noch verzögert anstatt schneller über die Bühne zu gehen.
Von daher ist ein Antrag auf Härtefallscheidung nur dann wirklich zu empfehlen, wenn die Zustände in der Ehe wirklich nicht mehr auszuhalten sind. Wenn möglich sollten Sie stattdessen besser jeglichen Kontakt zum Ex-Partner abbrechen und in Extremfällen, in denen Gefahr für Leib und Leben besteht, eine einstweilige Verfügung beantragen und/oder in ein Frauenhaus oder eine ähnliche Einrichtung ziehen.
Auch wenn die Trennungszeit bereits zur Hälfte oder noch weiter vergangen ist, ist die Beantragung einer Blitzscheidung bzw. Härtefallscheidung oft aufwendiger und langwieriger als den Rest der Trennungszeit abzuwarten.